Müde Knochen quälen sich gegen 7 Uhr aus der Koje. 52 Seemeilen bei hohem Wellengang hinterlassen ein Gefühl von "jeden Zentimeter persönlich gelaufen". Heute warten nochmals annähernd 50 Seemeilen auf uns. Der Wind dreht auf West (da wollen/müssen wir in der zweiten Tageshälfte auch hin) und bleibt noch von "gemäßigt" bis runter auf "nichts". Die kommenden zwei Tage sind mit Wind bis zu 7 Beaufort angegeben - Richtung streng West. Für einen Schlenzer in den nördlichen Greifswalder Bodden bleibt keine Zeit. Stecken wir da erst mal drin, kommen wir bei den Windstärken mit unseren "Außenbörderchen" nicht genug gegen an und nicht rechtzeitig zum Hafen mit Auto und Trailer zurück.
Also ziehen wir heute die ganze Strecke mit einem Mal durch. Dadurch erhalten wir bis zur Abfahrt am Freitag noch zwei Tage zur Boot- und Menschenpflege. Alles hier hat in den letzten drei Wochen ein wenig gelitten :-)
Kurz vor unserer Abfahrt taucht die Küstenwache mit Schlauchboot im Hafen auf. Was erst wie eine Kaffeepause aussah, entpuppte sich als Kontrolle - so im Allgemeinen. Man schritt die Stege ab, schaute nach den dort liegenden Booten und grüßte freundlich. Als wir ablegten (wesentlich besser als das Anlegen - was kausal aber auch nicht schwer war) und den Hafen unter Motor verließen, trafen wir auf die "Haupteinheit". Ein großes Schiff der Küstenwache lag vor der Hafeneinfahrt und wartete auf seinen Ableger, welcher kurz nach uns auch wieder aus dem Hafen kam.
Ohne deren Geschehen weitere Beachtung zu schenken, hissten wir nacheinander unsere Segel und nahmen Fahrt auf ... die Küstenwache auch. Na gut, Zufall. Nee, man blieb nahebei und ... nichts, fuhr da halt mit uns mit. Fragende Blicke in unserem Boot ("sehen wir so hilflos aus?"), Schulterzucken, weiter. Wenn wir nicht angehupt, angeblinkt oder "angerufen" werden, is auch nix.
Nach und nach zog das Schiff dann doch an uns vorbei, blieb aber im Tross der in der ca. letzten halben Stunde abgelegten Segelboote. Ahhh, alles klar: Rund um die Stubbenkammer/den Königsstuhl/die Kreidefelsen von Rügen ist auch im Wasserbereich ein großausgelegtes Naturschutzgebiet eingerichtet. Schon bei der ersten Passage erhielten wir (von einem wesentlich kleineren Boot der Küstenwache) die freundliche Mahnung, den gebotenen Abstand von 500m zur Küste einzuhalten. Und DAS wollten die netten Küstenbewacher auf dem heutigen Schiff vermutlich wieder mahnen. Ihre bloße Anwesenheit reichte dafür auch aus. Allerdings gab uns der Wind eh´ diese Richtung vor - wir sahen also sehr folgsam aus.
Endlich "von der Leine der Küstenwache gelassen" genossen wir noch einmal den schönen Anblick der Kreidefelsen. Da wir auf einem schwierigen Schmetterlingskurs unterwegs waren, konnten wir nur jeweils ein Auge dieser Naturschönheit widmen,das andere galt dem Windanzeiger und den Segeln. {Schmetterlingskurs fährt man "vor dem Wind" (hat ihn also im Rücken) und hat dabei ein Segel auf der Steuerbord- und eines auf der Backbordseite - welches wo ist hier egal - um die Segelfläche so groß wie möglich zu halten. Da der Wind etwas nervös hin und her tendelte, und die Dünung von schräg hinten unter uns durchrollte, bestand die Gefahr, dass er uns mit einem Schlag von hinten in das Großsegel fährt und den gesamten Baum rumreißt. Das ist nicht nur für die Crew sehr gesundheits- bis lebensgefährdent, sondern auch für die Verbindung Mast-Baum sehr belastend. Auf diesen Bruchtest kann jeder Skipper gern verzichten.}
Wie wir also gespannt in die Segel schauten, mache neben unserem Boot eine Welle ganz komische Geräusche - wie ein Fauchen. Beim zweiten Mal sahen wir etwas länger hin. Was für eine Freude - Schweinswale! Erst sahen wir zwei auf der Backbordseite, dann weitere drei auf der Steuerbordseite, dann Backbord wieder mehrere. Die Herde hatte uns in ihre Mitte genommen. Immer wieder kamen einzelne von ihnen hoch, um zu gucken und lustige Fauchgeräusche zu machen. Manche schwammen keine 3 Meter vom Boot entfernt. Unsere spontanen Filmversuche scheiterten fast komplett. Bis auf zwei-drei Momente waren diese schnellen Schwimmer nicht vor die Linse zu bekommen. Wie gesagt, wir konnten wegen des Kurses ja auch nicht zu lange hinschauen. Der ganze Zauber dauerte vielleicht 3-4 Minuten, dann zogen sie weiter. Aber, es war wunderschön. Wir grinsten noch eine Weile beide still vor uns hin.
Sooo nah beim Boot. |
... und immer mal wieder hochkommen und gucken. |
Der Rest der heutigen Tour war unspektakulär. Immerhin hatten wir genug Wind für längere Segeletappen.
Aber auch dabei sollte man die Augen aufbehalten. Nach kleinen, oft weißen, Punkten, die zu schnell sehr groß werden. Dann ist es egal, ob man noch die Ausweichregeln aus der Segelschule kennt oder nicht. Es hilft nur eins ... weg hier:
... und die Größe ist doch entscheidend :-))) |
An der Südseite Rügens - ab Querung der südlichen Hälfte des Greifswalder Boddens - hielten wir Westkurs und hatten somit den Wind gegen an. Nichts mehr mit Segeln, jetzt half nur noch der Motor.
Da der Urlaub sich dem Ende neigte, jagten wir den Motor etwas höher. Erstens mussten wir ja nicht die ganze Spritreserve wieder mit nach Berlin fahren und zweitens hatten wir mittlerweile barbarischen Hunger!
Nach dem Anlegen in Neuhof kurzes Boot-klarmachen, Liegegebühr bezahlen und Post abholen (Danke Paps!) ... und sofortiges Entern des Hafenrestaurants. Bier und Fleisch,was anderes kam gar nicht in Frage!
Ihr seid gut - echt ordentliche Strecke!! geniesst die paar ruhigen Tagen. Sehen uns bestimmt dann am wannsee,
AntwortenLöschengruss i & k